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BLOG "BEZIEHUNGS-WEISE"

von Birgit Andree 18 Nov., 2019

Eine Affäre bedeutet nicht zwangsläufig das Ende einer Beziehung ...  es kommt darauf an, was das Paar daraus lernt.
Monogamie und absolute Treue ist für den Großteil der Menschen eine unabdingbare Zutat für eine funktionierende Partnerschaft. Beim Eheversprechen wird die Treue zudem ausdrücklich geschworen. Und doch wissen wir: Affären passieren sehr häufig. Manchmal geplant und manchmal aus der Situation heraus unüberlegt und impulsiv. In meiner Praxis begleite ich häufig Paare, die trotz eines aufgeflogenen (oder gebeichteten) Seitensprungs ihre Ehe fortführen und retten wollen. Sie bitten mich um Hilfestellung, wie das gut gelingen kann.
Über den Erfolg eines solchen Verarbeitungsprozesses entscheidet ein grundsätzlicher Unterschied. Ist die Affäre noch im Gange und fühlt sich der abtrünnige Partner zwischen zwei Menschen hin- und hergerissen. Muss also entscheiden: nehme ich den einen oder den anderen (bzw. natürlich die eine oder die andere)? Mit wem von beiden (Partner oder Affäre) plane ich die nächsten Schritte in die Zukunft. In diesem Fall biete ich demjenigen, der vor diesem Entscheidungsdilemma steht an, einzeln zu mir in die Therapie zu kommen, um zu klären, wie seine Entscheidung für ihn stimmig ausfallen muss.
 Hat sich derjenige jedoch nach der Affäre entschieden an der ursprünglichen Beziehung festzuhalten und der betrogenen Partner ist ebenso bereit für einen gemeinsamen Wiederanfang, steigen wir in einen Paarprozess ein.
 Grundvoraussetzung ist zunächst die Bereitschaft die Affäre konsequent zu beenden, oder zumindest für die Dauer der Paartherapie (also üblicherweise einige Monate) auf Eis zu legen. Das Paar erarbeitet dann gemeinsam, welche Muster und Mechanismen, vielleicht Kränkungen und Verletzungen in der Paargeschichte dazu geführt haben, dass eine Tür geöffnet wurde, durch die ein anderer Mensch den Intimbereich des Paares betreten konnte. Der Fokus liegt hier auf der gemeinsamen Geschichte und Paardynamik und geht bewusst weg von der Täter – Opfer – Zuschreibung. Wenn die Partner – v.a. auch der betrogene Partner – verstehen, welchen Anteil jeder an der Paar-Entwicklung hin zum Ermögliche einer Affäre beigetragen hat, können für die Zukunft ein neues Miteinander erreicht werden.
Dieser Prozess ist oft schmerzhaft und meist langwierig, und setzt vor allem ein Maß an Vergebung des betrogenen Partners voraus. Beziehungen die eine Affäre so bewusst und ehrlich verarbeiten, können gestärkt und stabil aus dieser Erfahrung herausgehen.

von Birgit Andree 26 Jan., 2019

Kinder kommen heute immer früher mit Pornos in Berührung. Für Eltern ist wichtig, über diese Inhalte aufzuklären, sagen Experten - und geben Tipps, wie das geht.

ARTIKEL VON SANDRA LIERMANN

Pornografie - was früher bloß in "Schmuddelkinos" oder der hintersten Ecke der Videothek verfügbar war, ist heute nur einen Klick entfernt. Ein paar Fakten vorneweg:

Die Augsburger Sexualtherapeutin Birgit Andree weiß: "Durch die mediale Präsenz entkommen Kinder in der heutigen Zeit Pornografie nicht mehr." Durchschnittlich im Alter zwischen 15 und 17 Jahren hätten Jugendliche zum ersten Mal Geschlechtsverkehr. "Aber schon Jahre vorher kommen sie erstmals mit pornografischen Inhalten in Berührung."

Mit Kindern über Pornografie zu sprechen, ist oft schambehaftet

Gerade deshalb sei es für Eltern so wichtig, mit Kindern darüber zu sprechen. "Sogenannte Female-friendly-Pornos* sind zwar auf dem Vormarsch, aber bei den meisten Pornos handelt es sich weiterhin um unrealistische Darstellungen", sagt Andree. (Female friendly oder feministische Pornografie will stereotype Muster von Sexfilmen durchbrechen und wendet sich gegen ein erniedrigens Frauenbild, das in vielen Pornos bis heute reproduziert wird. Anm. d. Red.)

Ein Beispiel:   Die Darstellung der Geschlechtsteile. "Jungs identifizieren sich damit, so wie viele Mädchen meinen, sie müssten so dünn sein, wie die Teilnehmerinnen von Germany's Next Topmodel", erklärt Birgit Andree.

Aufgabe der Eltern sei es, Kindern klarzumachen, dass diese Darstellungen nicht der Realität entsprechen. "Sie fühlen sich sonst unter Druck gesetzt. Jungs meinen, sie müssen performen, das ganze Repertoire beherrschen, das in Pornos gezeigt wird - inklusive teilweiser bizarrer Praktiken. Mädels meinen, sie müssen zu allem bereit sein."

Doch wie können Eltern mit ihren Kindern über Pornografie sprechen, ohne dass es peinlich für alle Beteiligten wird?

"Wie mit der kompletten Aufklärung wird es schwierig, wenn darüber noch nie gesprochen wurde", sagt Sexualtherapeutin Andree. Den einen perfekten Satz, mit dem Eltern ein Gespräch über Pornografie beginnen können, gebe es allerdings nicht. Wichtig sei, den Kindern Gesprächsangebote zu machen. "Spätestens nach der Grundschule, so mit 10 oder 11 Jahren, sobald Kinder eigene Handys haben und ins Internet kommen, gehen solche Videos herum", weiß Andree, die selber zwei Töchter hat.

"Wenn Eltern merken, da ist Getuschel und Gekicher, können sie ihren Kindern sagen 'Du, ich merke, da ist etwas, das dich beschäftigt. Komm auf mich zu, wenn du darüber sprechen möchtest'." In Familien, in denen offen über Sexualität gesprochen werde, sei so etwas einfacher, "wenn Kinder merken, dass sie Fragen stellen können und die Eltern nicht abblocken oder sich beschämt zurückziehen."

Hilfreich sei, authentisch zu sein, sagt Andree. Als Gesprächseinstieg für Eltern schlägt sie beispielsweise vor: "Für mich ist das auch ein komisches Thema, ich bin da auch nicht so locker. Lass uns gemeinsam einen Weg und Worte finden, wie wir damit umgehen können."

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