Eine Affäre bedeutet nicht zwangsläufig das Ende einer Beziehung ... es kommt darauf an, was das Paar daraus lernt.
Monogamie und absolute Treue ist für den Großteil der Menschen eine unabdingbare Zutat für eine funktionierende Partnerschaft. Beim Eheversprechen wird die Treue zudem ausdrücklich geschworen. Und doch wissen wir: Affären passieren sehr häufig. Manchmal geplant und manchmal aus der Situation heraus unüberlegt und impulsiv. In meiner Praxis begleite ich häufig Paare, die trotz eines aufgeflogenen (oder gebeichteten) Seitensprungs ihre Ehe fortführen und retten wollen. Sie bitten mich um Hilfestellung, wie das gut gelingen kann.
Über den Erfolg eines solchen Verarbeitungsprozesses entscheidet ein grundsätzlicher Unterschied. Ist die Affäre noch im Gange und fühlt sich der abtrünnige Partner zwischen zwei Menschen hin- und hergerissen. Muss also entscheiden: nehme ich den einen oder den anderen (bzw. natürlich die eine oder die andere)? Mit wem von beiden (Partner oder Affäre) plane ich die nächsten Schritte in die Zukunft. In diesem Fall biete ich demjenigen, der vor diesem Entscheidungsdilemma steht an, einzeln zu mir in die Therapie zu kommen, um zu klären, wie seine Entscheidung für ihn stimmig ausfallen muss.
Hat sich derjenige jedoch nach der Affäre entschieden an der ursprünglichen Beziehung festzuhalten und der betrogenen Partner ist ebenso bereit für einen gemeinsamen Wiederanfang, steigen wir in einen Paarprozess ein.
Grundvoraussetzung ist zunächst die Bereitschaft die Affäre konsequent zu beenden, oder zumindest für die Dauer der Paartherapie (also üblicherweise einige Monate) auf Eis zu legen. Das Paar erarbeitet dann gemeinsam, welche Muster und Mechanismen, vielleicht Kränkungen und Verletzungen in der Paargeschichte dazu geführt haben, dass eine Tür geöffnet wurde, durch die ein anderer Mensch den Intimbereich des Paares betreten konnte. Der Fokus liegt hier auf der gemeinsamen Geschichte und Paardynamik und geht bewusst weg von der Täter – Opfer – Zuschreibung. Wenn die Partner – v.a. auch der betrogene Partner – verstehen, welchen Anteil jeder an der Paar-Entwicklung hin zum Ermögliche einer Affäre beigetragen hat, können für die Zukunft ein neues Miteinander erreicht werden.
Dieser Prozess ist oft schmerzhaft und meist langwierig, und setzt vor allem ein Maß an Vergebung des betrogenen Partners voraus. Beziehungen die eine Affäre so bewusst und ehrlich verarbeiten, können gestärkt und stabil aus dieser Erfahrung herausgehen.